Wirklich sehr lesenwert ist Saul Newmans Aufsatz "Anarchism and the politics of ressentiment". Auch hier findet wieder eine Auseinandersetzung mit dem Herrschaftsbegriff des Traditionsanarchismus statt, die Kritik geht in einigen Zügen vielleicht in eine ähnliche Richtung wie die Anarchokritik der Jungen Linken. Newman kritisiert klassische Anarchisten, wie etwa Bakunin oder Kropotkin, da sie sich auf eine menschliche Natur und eine natürliche Ordnung bezögen, die durch die Existenz des Staates zerstört werden würde. Platt ausgedrückt: Der Mensch ist von Natur aus gut, nur der Staat macht ihn schlecht. Für Newman ist dies ein manichäisches Bild, welches lediglich die Umkehrung von Thomas Hobbes’ „Leviathan“ darstellt. Nur, dass nach Hobbes der „gute“ Staat die „böse“ menschliche Natur unterwirft und erzieht. Newman beginnt mit Nietzsche und macht dann eine Reise durch die verschiedensten Ansätze der politischen Philosophie aber lest selbst. Marxistische Ansätze werde hier hauptsächlich als reduktionistisch (d.h. ökonomistisch) beschrieben, da sie Macht nur als Klassen- und ökonomische Macht beschreiben würden. Trifft dieser Einwand sicherlich auf den ML-Traditionsmarxismus zu (ebenso wie auf den Traditionsanarchismus, der nur die Gesellschaft vom Staat befreien möchte, aber vernachlässigt, dass die Gesellschaft den Staat konstituiert), bleibt die Analyse doch an diesem Punkt stehen. Es fragt sich also: was taugt dieser Ansatz? Ist das nur Ideologie oder ist es ein brauchbares Werkzeug zur Überwindung der Herrschaft des Menschen über den Menschen und somit von Staat und Kapital?
Die einen werden wahrscheinlich korrekterweise einwenden, dass eine eigenständige Kritik der politischen Ökonomie ausbleibt und nicht in die Analyse von Macht und Herrschaft miteinbezogen wird. Was werden allerdings andere die mehr von den Pomos gelesen haben dazu sagen?"
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