"Bastian Finke, verantwortlich für diese Einrichtung [Schwules Überfalltelefon Berlin], weiß noch viel mehr Geschichten zu berichten", heißt es dort. "Im laufenden Jahr [November 2003] musste er schon 169 Fälle notieren, in denen schwule Männer bei ihm zu Protokoll gaben, Opfer eines Überfalls geworden zu sein - weil sie schwul sind oder weil man es ihnen unterstellte. Und was Bastian Finke ebenfalls zu sagen hat, ist dies: 39 Prozent der Gewaltakte wurden von jungen Männern verübt, die im weitesten Sinne dem muslimischen Kulturkreis zuzurechnen sind, egal ob sie einen deutschen Pass haben oder einen der Türkei. Die öffentliche Gefahr für Schwule geht extrem von Jugendlichen türkischer oder, generell, islamischer Prägung aus."Dass die Opfer in der Hälfte der gemeldeten Fälle gar nicht ausgeraubt wurden, weil sie schwul waren, sondern weil die Täter Geld benötigten, und dass Migranten bei solchen Raubdelikten wesentlich stärker vertreten sind als bei Hassverbrechen, verschweigen Feddersen und Finke dabei ebenso wie die Tatsache, dass der Anteil der Nichtdeutschen an der jugendlichen Bevölkerung von Kreuzberg, Schöneberg und Charlottenburg den einschlägigen Berliner Schwulenkiezen die genannten 39 Prozent locker erreichen dürfte. "Ausländer" sind demnach keineswegs überrepräsentiert, wenn es um homophobe Gewalt geht; eher ließe sich das Gegenteil behaupten.
Doch damit nicht genug. Der ehemalige KB'ler Jan Feddersen, der Pim Fortuyn vor Kritik in Schutz nimmt und selber Ratschläge gibt, wie man mit der "Zivilisierung des Vormodernen" (sic!) weiterverfahren soll, bewältigt auch spielend die Erklärungsnöte, in die ihn eine Einstellungsstudie unter deutschen SchülerInnen bringt:
"Die Resultate sind freilich erschreckend und korrespondieren so gar nicht mit dem vorwiegend hauptstädtischen Lebensgefühl, die gesellschaftliche Realität von Homosexualität habe sich zum Liberaleren und Laxeren wesentlich gebessert. [...] In der Summe sind dies traurige Befunde, denn sie wurden an einer Schule erzielt, die viel auf ihre liberale und weltoffene Grundhaltung hält also keine Lehranstalt, in der die Pädagogen vorwiegend mit multikulturellen Integrationsaufgaben beschäftigt sind."Wie vereinbart man nun die Tatsache, dass ein großer Teil deutscher SchülerInnen Schwule am liebsten kastriert sähe, mit der Behauptung, dass in Deutschland allein die Ausländer schuld an der Homophobie seien? Die Antwort darauf lässt Feddersen in einem Interview den Sprecher des Berliner Schwulenverbands LSVD, Jörg Litwinschuh, geben, der das Thema, wie zu erwarten, gleich von selbst anspricht:
"Ja, da will ich mir gar nicht ausmalen, wie eine solche Untersuchung an einer ländlichen Schule ausgefallen wäre. Oder wenn die betreffende Schule einen hohen Anteil von Heranwachsenden mit muslimisch geprägtem Hintergrund hätte."Ja worüber reden wir hier eigentlich? Wie kommt Homophobie in die Köpfe von Menschen, wenn man mal nicht den Islam dafür verantwortlich machen kann? Nach jahrzehntelanger psychologischer Selbstbeschäftigung mit ihrer schwulen Identität haben Litwinschuh und Feddersen nicht den geringsten Schimmer, wie sie diese Frage beantworten sollen. Bisher haben sie immer nach Sündenböcken gesucht: die katholische Kirche, die Neonazis, die CDU, der Islam je nach politischer Konjunktur ein anderes Schaf. Jetzt stehen sie da mit heruntergelassener Hose und delegieren die Frage nach 30 Jahren Schwulenbewegung zurück an die Wissenschaft:
"Und, mehr noch, sei es jetzt Zeit, durch eine 'gründliche soziologische Untersuchung' zu erkunden, wie es um die Ideen von Schülern (und wie die zustande kommen) zu Homosexuellen bestellt ist".Um Karl Kraus frei zu zitieren: Im alten Griechenland stürzte man die Schwachsinnigen vom höchsten Berg, in Deutschland macht man sie zum taz-Redakteur oder zum Vorsitzenden eines schwulen Bürgerrechtsverbands.
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"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)
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Dann erklärt er uns den Grund für diese von ihm behauptete Trendwende, die sich wohl eher in seinem Kopf als in der Realität abgespielt hat: "Die Übergriffe aufs Café Posithiv und gezielte Überfälle auf von Schwulen betriebene bzw. frequentierte Läden in der gleichen Gegend [Gibt es dafür Beispiele?], deuten darauf hin, daß vom Islam geprägte Jugendliche eine durchaus als politisch zu begreifende Auseinandersetzung begonnen haben, mit dem Ziel der Errichtung einer auf ganz besondere Art und Weise antinational befreiten Zone."
Und natürlich kennt der Autor auch die durchschnittliche Einstellung von Schwulen zu diesem Thema ganz genau (ob er wohl eine Meinungsumfrage durchgeführt hat?): "Gesprochen wird über die Angst vor Übergriffen durch islamisierte Jugendliche nur unter guten Bekannten, man will nicht als Rassist gelten, über Erlebtes wird geschwiegen. Auch hier ist magisches Denken am Werk, als realisiere sich die Wahrheit erst und nur dadurch, daß man sie beim Namen nennt." (Deshalb also kann er keine weiteren Belege liefern: Diese Dinge werden von den achso antirassistisch eingestellten Schwulen gedeckelt und verschwiegen! Als ob nicht zahlreiche Dokumente [www.whk.de] das genaue Gegenteil beweisen würden.)
Schließlich klärt der Autor uns auf, warum der Begriff "Homophobie" nichts taugt, um diese Gewalttaten zu beschreiben: "Der Begriff Homophobie reicht aus, wenn es um die Beschreibung adoleszenter Rituale geht, die meist folgenlos sind. [...] Die Gewalttaten der zwei Jahre nach 9/11 unterscheiden sich [dagegen] nicht nur aufgrund ihres Organisationsgrades von den vorher üblichen. Von neuer Qualität ist auch die explizite personalisierte Vernichtungs[!]androhung, die zum Ausdruck gebracht wird. Diese Haltung stellt darin im Gegensatz etwa zu der christlicher Fundamentalisten, die auf eine Verhaltensänderung, auf eine 'Heilung' setzen." (Um die völlige Absurdität dieser Behauptung einschätzen zu können, vgl. die Dokumentation von Äußerungen der christlichen Rechten in den USA unter hatecrime.org [hatecrime.org], z.B. von Dr. Paul Cameron: "Unless we get medically lucky, in three or four years, one of the options discussed will be the extermination of homosexuals.")
Anschließend beginnt die gleichsam völkerpsychologische Erkundung der Seele muslimischer Männer, wie wir sie bereits aus einem älteren Artikel der BAHAMAS kennen (vgl. Natascha Wilting, "Psychopathologie des Islam", in: BAHAMAS Nr. 38). Ich erspare mir das jetzt. Man sollte diesen Artikel nicht künstlich aufwerten. Er ist vollkommen bedeutungslos, und nur Spinner werden sich auf ihn beziehen. Fast jede einzelne empirische Aussage ist zudem widerlegbar. Aber auch das erspare ich mir, es sei denn, man bittet mich darum. Mir genügt es, abschließend die Worte von Elmar Kraushaar zu zitieren:
"Einer der [Betreiber des Café PostHIV] will sogar den genauen Zeitpunkt für den Beginn der 'Homofada' (tip) ausgemacht haben: der 11. September 2001. Wie viele Trümmer, fragt man sich bei solch plumper Analyse, müssen aus New York herübergeflogen und auf hiesige Köpfe niedergegangen sein?"
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"Keine (Überlebens) Chance für Rainer Sachse bescheinigte ihm auch der Priester in seiner Grabrede bei seiner Beerdingung in Almstedt in Niedersachsen. "Weil die Dorfgemeinschaft damals wie heute sich weigerte, Andersdenkende und Andersfühlende zu respektieren, zu tolerieren, geschweige denn zu integrieren", sagte der Priester in seiner Rede. Rainer Sachse, "der Schwule mit der Seuche", wie die Dorfbewohner ihn nannten. Er kam - nach Jahren des Weggangs und der Suche nach Glück in der Großstadt - zurück ins Dorf. Er wollte die letzte Zeit seines Lebens bei seiner Mutter verbringen. Aber der Zerfalls- und Zersetzungsprozess durch die Dorfgemeinschaft war schneller und effektiver als der Virus in seinem Körper. "Zu Tote gehetzt" sagten Außenstehenden. Zuerst der Rausschmiss aus der einzigen Dorfkneipe. Dann die Anschläge auf sein Haus. Nachts flogen Steine, seine Fensterscheiben gingen zu Bruch. Hakenkreuze wurden an seine Hauswände geschmiert. Nicht mal eine Atempause haben sie ihm gegönnt. Anpöbeleien und vor allem diese Hassblicke und die Vernichtungssprüche: "Ab ins KZ" und ähnliche Rufe skandierten die Nachbarn und die anderen. Junge und Alte, Frauen und Männer, der Bürgermeister und die junge Verkäuferin, der Bäcker und die Kneipenbesucher. Alle. Rainer Sachse konnte ihnen nur entgehen, indem er sich ins Haus einschloss. Monatelang. Bis der Virus ihm den Rest gab. Er hatte tatsächlich keine Überlebenschance. So oder so. "Die Anschläge der Bürger untereinander treffen ins Herz und schaffen ein Klima, in der man ungeschützt nicht leben kann" schloss der Priester seine Rede ab. Almstedt, ein idyllisches Dorf, Jauche- und Mördergrube zugleich irgendwo in Niedersachsen, Deutschland. Mit intakten Strukturen."Vgl. dazu die BAHAMAS Nr. 44 über die Homophobie der anständigen Deutschen vor dem Ausbruch der "islamischen Homofada" in Kreuzberg:
"... mehr als ein paar ranzige Bemerkungen galt es nicht zu ertragen."
"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)
"Die Zeit heilt alle Wunder" (Wir sind Helden)
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Bisher bezog ich mich in meiner Kritik nicht auf das Gesamtkonstrukt, sondern lediglich auf die Einleitung, die mit kruder Ausländerhetze operiert. Einen anderen Argumentationssplitter, auf dem der Artikel aufbaut und der explizit an die homophobe linke Theoriebildung der 20er, 30er und 60er Jahre anknüpft (Stichwort Homosexualität = Faschismus), habe ich bereits an anderer Stelle [x-berg.de] aufs Korn genommen. Für eine komplette inhaltliche Widerlegung ist mir momentan erstens meine Zeit zu schade (ich schreibe gerade meine Abschlussarbeit). Und zweitens: wenn ich darauf reagieren werde, dann sicher genauso wenig wie der Autor mit einer unmittelbaren Replik, sondern in Form eines für sich selbst stehenden Essays. Dass ein solcher von mir noch zu erwarten ist, kann ich dir aber jetzt schon versprechen. Zwei, drei Monate wirst du dich jedoch noch gedulden müssen! ;-)
MfG
PS: Dein küchenpsychologisches Narzissmusgeschwafel kannst du dir sonstwo hinstecken.
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"Pardon, Gigi, aber ich bin nicht ganz sicher, ob ich Dich richtig verstehe. Gab es Übergriffe auf das Cafe PositHIV, ja oder nein?"
Ich habe nicht das Ereignis in Frage gestellt, sondern die sich darum rankenden soziologischen Behauptungen des Autors. Was er z.B. frei erfunden hat, sind die statistischen Aussagen über unterschiedliches Täterverhalten von Leuten mit christlichem bzw. muslimischem 'Hintergrund'. Der BAHAMAS-Artikel behauptet, nur Muslime verübten Gewaltverbrechen, christliche Deutsche würden dagegen höchstens mal eine ranzige Bemerkung von sich geben. Wenn man dagegen die einschlägigen empirischen Studien liest, sieht man, dass es sich genau umgekehrt verhält: Deutsche sind in viel höherem Maße an Hassverbrechen als an Sekundärdelikten wie Raub und Diebstahl beteiligt, und zwar im Gegensatz zu migrantischen Jugendlichen. (Vgl. Christoph J. Ahlers, Gewaltdelinquenz gegen sexuelle Minderheiten, in: Hassverbrechen, hg. v. LSVD-Sozialwerk, Köln 2000, S. 123 f.). Frei erfunden ist natürlich auch die Behauptung, dass sich homophobe Straftaten seit 9/11 von ihrem Charakter her verändert hätten. Diese Aussage speist sich ausschließlich aus der antiislamischen Paranoia des Autors.
"Waren es Jugendliche aus moslemischen Migrantenfamilien, ja oder nein? Auch bloß ausgedacht?"Ja, sie hatten nämlich schwarze Haare und dunkle Augen. Das waren die Merkmale, wonach die betroffenen Personen die "Herkunft" und die "Religion" der Täter bestimmt haben. Der inhaltliche Zusammenhang zu dem, was sie getan haben, beruht dagegen allein auf einer kulturellen Projektion.
"Stimmt es etwa nicht, daß eine eindeutige Verurteilung dieser Übergriffe ausgeblieben ist..."Wie bitte? Warum wird denn monatelang, in der taz, in der Siegessäule, in der Berliner Zeitung, im Tagesspiegel, in der Morgenpost, im tip (und wo auch sonst immer), darüber diskutiert? Etwa um die Sache totzuschweigen? Im Gegenteil: sind doch alle ganz geil drauf, über das Thema zu berichten, und das nur, weil die Eltern der Täter 'fremdländische Zuwanderer' sind!
"...bzw. wo sie nicht ausgeblieben ist, sofort unter Rassismusverdacht geriet?"Die Kritik daran ist doch vollkommen minoritär! Wenn du X-berg.de für die Welt hältst, dann ist das dein Wahrnehmungsproblem.
"Und argumentierst Du selbst nicht immer dahingehend, daß die Betreiber und Besucher des Cafes - die Opfer dieser Übergriffe mithin - als fiese Rassisten erscheinen, die es eigentlich nicht besser verdient haben, und die Übergriffe zu quasi antirassistischen Akten der Selbstverteidigung mutieren?"Also pardon, ich glaube, jetzt reicht es! Mit evidenten Wahnvorstellungen werde ich mich nicht länger auseinander setzen.
"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)
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"Every moral has a story and every story has an end" Ben Harper
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User #12 Info | http://gigi.x-berg.de/ | Last Journal: 08.11.2004 2:22 Uhr
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