Wissenschaftlicher Rassismus an der HU Berlin

bearbeitet von abdel kader am 08.06.2005 13:40 Uhr
Rassismus Pippi Langstrumpf informiert: Im vergangenen Semester gab es ein Team-Teaching-Seminar von Biologie, Philosophie und den Gender Studies, in dem der Bio-Prof. irgendwann anfing, von “Menschenrassen” zu reden. Auf Nachfragen führte er dann aus, dass sowohl „Rassen“ wie auch der Rassismus eine „genetische Komponente“ hätten. Brächte mensch eine weiße Ratte in eine Gruppe von grauen, so würde diese in kurzer Zeit tot gebissen, so die soziobiologische "Erklärung". Außerdem bezog er sich auf „Studien“, die einen Intelligenzunterschied zwischen Schwarzen und Weißen „nachweisen“. Das war für einige Studierende zu viel und sie haben das Seminar verlassen und eine AG gegen Rassismus gegründet.
Das Anliegen war, derartige Äußerungen nicht einfach so stehen zu lassen, sich aber auch nicht so sehr auf eine Person einzuschießen. Es ging und geht darum, einige Argumentationsfiguren, die charakteristisch für sehr viele BiologInnen zu sein scheinen, kritisch zu hinterfragen. So wurde der AG z.B. immer wieder gesagt, „Rasse“ sei ein wertneutraler Begriff, er sei nur politisch missbraucht worden. Das ist natürlich Quatsch: die Entstehung der Vorstellung von „Menschenrassen“ fällt mit dem Kolonialismus zusammen, ist also untrennbar mit Rassismus verknüpft. Außerdem bestand nie ein wissenschaftlicher Konsens über die Verwendung der Kategorie „Rasse“.
Die Missbrauchsthese offenbart den bis heute anhaltenden Mythos, dass Wissenschaft objektiv sei und Rassismus und Wissenschaft getrennte Welten seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Natur-, aber auch die Sozial- wie Geisteswissenschaften Rassismus theoretisch verfügbar gemacht haben und dies bis heute tun. Die vermeintliche Objektivität war nur allzu oft Spiegelbild einer weißen, männlichen, heterosexuellen, nicht-behinderten, bourgeoisen Norm – also Ausdruck der Subjektivität der Forschenden selbst. Das heißt, dass Weiße versucht haben, die von ihnen geschaffenen kolonialen Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse naturwissenschaftlich zu legitimieren. Und in diesem Zusammenhang spielt „Rasse“ eine ganz zentrale Bedeutung.
An sich bis heute, wobei sich da auch einiges gewandelt hat. Die old school spricht nach wie vor von „Rassen“, die new school von „Kulturen“, die angeblich nicht zusammenpassen würden und so ihrerseits naturalisiert werden. Oft finden sich new wie old school im deutschsprachigen Kontext aber auch nebeneinander und werden je nach Bedarf angewendet.
Die grundlegende Frage: Warum klassifizieren? hat bis heute von den BiologInnen an der HU niemand beantwortet...

Die AG organisierte für eine kritische Auseinandersetzung eine Veranstaltung, die am kommenden Donnerstag, 9.Juni, stattfinden wird. Viele reagierten sehr positiv und sind froh, dass es die Veranstaltung gibt. Einigen, insbesondere jedoch BiologInnen, bereitet sie jedoch offensichtlich auch Angst. So hat das Bio-Institut seine Zusage, die Veranstaltung dort machen zu können, zurückgezogen und damit die bereits angekündigten Gelder. Selbst die Bio-Fachschaft verlangte, dass sich die AG gegen Rassismus von diesem und jenem distanzieren müsse – nur dann würden sie ganz eventuell Gelder geben. Des Weiteren ist die AG sowohl von BiologInnen als auch von Gender-Studies-Lehrenden mehrfach ermahnt worden, nicht von “Rassismus” zu sprechen. Und jetzt, kurz vor der Veranstaltung, werden die Mitglieder der AG von ranghohen UnivertreterInnen zu Gesprächen herbeizitiert und es wurde eine offizielle Stellungnahme der HU verfasst, in der der Veranstaltung präventiv Diffamierung einzelner Personen unterstellt wird. Last but not least schwebt auch immer wieder die Drohung einer Verleumdungsklage im Raum oder gar die Exmatrikulation. Mehrfach wurde der AG sogar vorgeworfen, sie würde das Bio-Institut in den Dreck ziehen wollen. Seit Monaten wird geblockt und es scheint ganz offensichtlich ein Problem für die Biologie an der HU zu sein, sich mit ihrer Fachgeschichte, den wissenschaftstheoretischen Kontexten und den erkenntnistheoretischen Grundlagen auseinanderzusetzen.
Angesichts der hohen Wellen, die die Ankündigung der Veranstaltung geschlagen hat, scheint es am Donnerstag spannend zu werden. Es ist sehr wichtig, dass es dort viele kritische Stimmen gibt. Kommt also zahlreich zur:

Veranstaltung: “MENSCHENRASSEN”? – Zur Aktualität rassistischer Konzepte in den Biowissenschaften Donnerstag, 9. Juni, 18:00 Uhr, Humboldt-Universität, Unter den Linden 6, Raum 2097

Bernd Rabehl an der Humboldt-Universität? | ersiees Opfer  >

  

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Das Kleingedruckte: Die folgenden Kommentare bekunden die Meinung derer, die sie gepostet haben. (Punkt)
Und weil's wiederholt zu Verwirrungen kam: Pippi Langstrumpf ist ein anonymer Account unter dem jedeR posten kann.
Bericht in der Jungle (Score:2)
von abdel kader am 10.06.2005 23:00 Uhr (#6210)
User #133 Info | http://www.geocities.com/situ1968/studentenmilieu.html | Last Journal: 10.11.2005 21:58 Uhr
Ärger mit dem Rassenkämpfer [jungle-world.com]


Rassistischer Psychologieprofessor in den USA [x-berg.de]

Jeder ist so viel wert wie er verdient, jeder verdient so viel er wert ist.

(Horkheimer/Adorno)