"Sodomite girl, leave this place"

bearbeitet von Danny Ocean am 06.09.2004 10:49 Uhr
LesBiSchwul gigi schreibt: Der aktuelle Boykott von homophoben Reggae-Stars, die noch vor zwei Jahren in Schöneberg ungestört ihre Mordhymnen angestimmt haben, ist ein herber Schlag für die christliche Rastafari-Ideologie, die unter Berufung auf die Bibel die Verbrennung von Homosexuellen fordert. Gleichzeitig hat die Debatte die verheerende Lage jamaikanischer Schwuler ins allgemeine Bewusstsein gerückt. Weiter unsichtbar blieb aber die Unterdrückung von Lesben.
      Sex zwischen Frauen ist nach dem alten britischen Kolonialrecht, das unter dem "abscheulichen Verbrechen der Sodomie" (the abominable crime of buggery) ausschließlich den Akt des Analverkehrs versteht, nicht strafbar. Das ändert aber nichts daran, dass Frauen, die einen zu intimen Umgang mit Frauen pflegen, im Volksmund als "Sodomite girls" beschimpft werden. Eine Reportage des Guardian macht deutlich, dass sich ihre reale Situation kaum von der schwuler Männer unterscheidet. Erregen sie nur den leisesten Verdacht, homosexuell zu sein, werden sie krankenhausreif geschlagen oder mit Vergewaltigung "bestraft".
      Dass es in Jamaika keine Gesetze gegen Sex zwischen Frauen gibt, führt dazu, dass Lesben im Unterschied zu Schwulen kaum Chancen haben, nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt zu werden. Denn zwar gilt: "wenn du lesbisch bist in Jamaika, bist du tot" (The Guardian). Ein Asylgrund ist das aber noch lange nicht.

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Und weil's wiederholt zu Verwirrungen kam: Pippi Langstrumpf ist ein anonymer Account unter dem jedeR posten kann.
Frage (Score:2)
von clandestino (kailof2000 at yahoo.de) am 06.09.2004 11:33 Uhr (#4086)
User #134 Info | http://kiralina.so36.net/ | Last Journal: 28.02.2005 13:30 Uhr
Ist Homophobie wirklich so ein Kernstück der Rastafari-Religion, wie das hier nahegelegt wird?

"Every moral has a story and every story has an end" Ben Harper

Re:Frage (Score:0)
gegenfrage: Gehört Homophobie nicht zu jeder Religion als Kernstück zur Erhaltung der Familie?

Vaterland? Vaterland - was und wo? (Josef Hora)

Re:Frage (Score:2)
Homophobie "gehört" zu überhaupt keiner Religion. Ihre Geschichte reicht nämlich gerade einmal 300 Jahre zurück. Wahr ist höchstens, dass alle drei abrahamitischen Weltreligionen den Akt des Beischlafs zwischen Männern als Sünde definieren. Warum, ist eine durchaus offene Frage; denn auf den Trichter, dass jemand, der gleichgeschlechtlichen Sex hat, keine Familie gründen kann, ist früher sicher niemand gekommen.

"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)

Es geht um die "Verschwendung von Samen" durch Formen der Sexualität, bei denen eine Schwangerschaft nicht möglich ist. Deshalb gelten gleichgeschlechtlicher Sex, Selbstbefriedigung, geschützter Sex und Sex mit Tieren als Sünde. (und nur deshalb)
Leuchtet mir so auch ein. Eine Familie meint ja nach traditionellem Verständnis auch die Reproduktion der "Kinder Gottes".

Clemenza: Leave the gun. Take the cannollis.

Die Begründung ist zwar richtig, stammt aber in dieser Form aus dem Hochmittelalter. Die Vermengung der vier von dir genannten "Sünden" zu einer Sünde (nämlich der "Sünde wider die Natur") findet sich in der Summa theologica des heiligen Thomas. Ich würde jedoch an der These festhalten, dass es im Islam und im Judentum keinen angebbaren Grund gibt, warum der Beischlaf zwischen Männern verboten ist. Es handelt sich einfach um eine arbiträre Setzung. Das ist übrigens bei fast allen 614 Gesetzen der Tora so.

Ich verstehe immer nicht, warum Historiker zwanghaft versuchen, der dahinterstehenden Logik auf die Spur zu kommen, wenn sich noch nicht einmal die Religion selber die Mühe macht, ihre Gesetze zu begründen!? Die Rastafaris wissen den Grund, warum sie Homosexualität ablehnen, übrigens auch nicht. Sie zitieren nur ihr Bibelverslein (Levitikus 18,22). Die unproduktive Verschwendung von Samen ist ihnen, wie ich mal annehme, ziemlich schnuppe, und wahrscheinlich masturbieren sie sogar selber, ohne sich deshalb als Sodomiten zu begreifen...

"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)

Die Gesetze der Tora sind in diesem Fall nicht aussagekräftig. Wichtiger wäre wohl den Talmud zu wälzen. Ich zweifel an, daß man in der Mishna bzw. der erläuternden Gemara keinen Text findet, der sich mit gleichgeschlechtlichen Beischlaf beschäftigt. Es kann sicherlich etwas in der Seder Nasim (Familie) bzw. vielleicht im 9. Abschnitt (Avot) der Seder Nazikin (Zivil- und Strafrecht), der sich mit der Moral beschäftigt, gefunden werden. Aber ich wünsche viel Spaß beim suchen bzw. beim Interpretieren. gigi schafft das bestimmt!

Vaterland? Vaterland - was und wo? (Josef Hora)

Oh, die Stellen im Talmud hab ich mir längst angeguckt. Eine Begründung, warum der Beischlaf zwischen Männern verboten ist, findet sich dort selbstverständlich an keiner Stelle. (Wie könnte man auch ein g-ttliches Gesetz nach seinen Gründen befragen. Wäre das nicht blasphemisch?) Dafür wird aber die Frage gewälzt, ob zwei Männer miteinander unter einer Bettdecke schlafen dürfen (die Antwortet lautet: ja). Vgl. Kiddushin 82a im Babylonischen Talmud.

Außerdem wird im Jerusalemer Talmud am Beispiel des Beischlafs zwischen Männern erläutert, dass eine Bestrafung nur dann möglich ist, wenn es zwei nicht beteiligte Augenzeugen gibt (im Islam sind es übrigens vier). Vgl. hierzu den wirklich interessanten Aufsatz "Wir sind zwei" [israel-live.de] von Ian Chesir-Teran.

"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)

Na dann... (Score:0)
Nein, das ist falsch. Es wird die Frage gestellt, ob unverheiratete Männer unter einer Decke schlafen dürfen. Und die Antwort lautet Nein! Der Umkehrschluss ist dann, daß verheiratete Männer es dürfen. Richtig ist zuweilen, daß dieses Verbor nicht erläutert wird.

Vaterland? Vaterland - was und wo? (Josef Hora)

Re:Na dann... (Score:2)
Nee, das stimmt nicht. Irgendwo hab ich bei mir eine Kopie des Talmudblatts rumfliegen. Aber ich zitier jetzt einfach mal aus einem Standardwerk, weil ich keine Lust hab zu suchen:
"Despite their repugnance, Jewish references to homosexuality from the Hellenistic period lack the hysterical tone of Leviticus. For example, R[abbi] Judah held that as a precaution against pederasty, a bachelor should not teach elementary school, and two men should not sleep under the same blanket. But other authorities ruled that this was an unnecessary precaution because Jews do not engage in the forbidden activities. (Nevertheless, the sages ruled, bachelors should not teach elementary school, because doing so would bring them into contact with their pupils' mothers, who might seduce them. Unmarried women were likewise forbidden from teaching young children, to prevent them from meeting their students's fathers.)" (David F. Greenberg, The Construction of Homosexuality, Chicago; London 1988. S. 126.)
Die These von Rabbi Judah (zwei Männer dürfen nicht gemeinsam unter einer Bettdecke schlafen) wird im Babylonischen Talmud als eine Minderheitenthese präsentiert, die von den anderen Rabbis zerpflückt wird.

"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)

Re:Na dann... (Score:0)
Also wir können uns jetzt gerne Ewigkeiten über den Talmud streiten. Du solltest doch wissen, daß die englischen Übersetzungen teilweise an kritischen Stellen (z.B. wo es um den Beischlaf mit Nichtjüdinnen geht) den hebäischen Wortlaut absolut verfälschen. Das führt hier zu nichts! Da haben sich schon andere Leute, die tiefer in der Materie sind als wir beide, drüber Gedanken gemacht.

Vaterland? Vaterland - was und wo? (Josef Hora)

Übrigens ist nach dem jamaikanischen Gesetz Analverkehr unabhängig davon strafbar, ob er zwischen zwei Männern oder zwischen einem Mann und einer Frau praktiziert wird. Die Strafe lautet in beiden Fällen 10 Jahre Gefängnis verbunden mit schwerer Zwangsarbeit. (Allerdings gibt es noch ein zweites, "moderneres" Gesetz, das Akte physischer Intimität zwischen zwei Männern mit zwei Jahren Gefängnis ahndet.)

Das ist ein gutes Beispiel dafür, warum der christliche Anti-Sodomie-Diskurs nicht als "Homophobie" bezeichnet werden kann: er bezieht sich präzise auf einen bestimmten Akt, bei dem vom Geschlecht der Beteiligten mitunter sogar komplett abstrahiert wird. Z.B. würden wir heute auch andere Handlungen als "homosexuell" betrachten, die in den meisten christlichen Ländern nie bestraft wurden, z.B. Schenkelverkehr zwischen Männern, gegenseitige Masturbation oder sogar Oralverkehr (in den USA mussten Ende des 19. Jahrhunderts eigene Gesetze gegen den Oralverkehr erlassen werden, weil diese Handlung nicht durch den Begriff der "Sodomie" abgedeckt wurde).

Und um es noch absurder zu machen: beim Analverkehr muss laut kanonischem Recht nachgewiesen werden, dass der Samen im Körperinnern vergossen wurde. Ein Coitus Interruptus konstituiert nicht die "wirkliche Sünde der Sodomie" (sodomia completa) und kann daher eigentlich nicht bestraft werden. In den Niederlanden wurden diese Handlungen im 18. Jahrhundert erst durch eine völlig neuartige Rechtskonstruktion strafbar, die sie als "Vorstufe" zur wirklichen Sünde der Sodomie interpretierte. Ab da wurde gegenseitige Masturbation mit 30 bis 40 Jahren Gefängnis bestraft, während die "wirkliche Sünde der Sodomie" mit dem Tod geahndet wurde.

Nun hat das alles (sieht man von dem zuletzt genannten Beispiel ab) mit "Homophobie" nicht wirklich etwas zu tun. Wir verstehen ja unter Homophobie normalerweise die Feindschaft gegen Lesben und Schwule. Als lesbisch bzw. schwul bezeichnen wir Personen, die sich zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlen. Eine solche Wahrnehmung der Dinge erschiene dem Mittelalter und der frühen Neuzeit aber komplett widersinnig. Balladen, die von der Liebe singen, welche zwei "geschworene Brüder" bis ins gemeinsame Grab aneinander bindet, gehören noch bis weit in die frühe Neuzeit zur populären Volkskultur.

In der berühmten Ballade von Amys und Amylion wird z.B. der eine von beiden dafür gepriesen, dass er auf Anweisung eines Engels seine beiden Kinder tötet, um mit Hilfe ihres Blutes seinen "Liebsten" (carissimus) von der Lepra zu heilen. (Gott erweckt die Kinder später natürlich wieder zum Leben. ;-) Als die beiden, nachdem sie auf dem Schlachtfeld für Karl den Großen gefallen sind, schließlich getrennt bestattet werden, greift Gott ein weiteres Mal ein: ihre Leichname wandern über Nacht durch das Erdreich zueinander und werden am nächsten Morgen Seite an Seite liegend aufgefunden. Der Schilderung dieses Wunders gehen die mahnenden Worte voraus: "So wie Gott sie im Leben durch Eintracht und Liebe verbunden hatte, so wollte er nicht, dass sie im Tode voneinander getrennt würden."

Ich finde es ehrlich gesagt absurd, von Homophobie als von einem universalgeschichtlichen Phänomen zu sprechen, während es sich in Wirklichkeit um ein historisches Spezifikum der letzten 300 Jahre handelt. Wir interpretieren das Christentum vielleicht rückwirkend so, weil wir glauben, im christlichen Sodomie-Diskurs unsere heutigen Denkformen wiedererkennen zu können. Es handelt sich dabei aber um einen gründlichen Irrtum. Das Christentum hat es mit präzise definierten Akten zu tun, nicht mit inneren Gefühlen oder gar mit essentialisierten "Personentypen", die wir heute als lesbisch oder schwul bezeichnen.

"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)

Meine These ist ja gerade, dass sich aus dem Verbot der Samenverschwendung im Laufe der Zeit der Hass gegen jene, die ja immer ihren Samen verschwenden entwickelte und sich die Ablehnung generalisierte. Im Zeichen der Säkularisierung blieb nur noch der Hass auf Homosexuelle, ohne die Erwähnung des ursprunglich christliche Motives.
Mmh, ich glaub, das geht mir jetzt etwas zu Hoppeldihopp. "Im Laufe der Zeit" legt nämlich einen logischen Entwicklungsprozess nahe. Die Frage ist doch aber: warum ist der christliche Anti-Sodomie-Diskurs in der Zeit der Aufklärung nicht einfach verschwunden? Philosophen wie Bentham und Voltaire haben ihn detailliert widerlegt und seine Unhaltbarkeit zum Anlass genommen, sich über den gesamten Klerus lustig zu machen. So spottete Bentham, dass wenn man "Päderasten" aus Angst vor Bevölkerungsverlust bei lebendigem Leib verbrenne, man auch alle Mönche langsam zu Tode rösten müsse.

Napoléon hat sämtliche Strafen für "Sodomie" 1804 ersatzlos aufgehoben und denselben Schritt auch anderen Ländern aufgezwungen. Bayern hat 1813 sogar freiwillig auf einen entsprechenden Paragraphen verzichtet. 1870 wusste Bismarck nicht mehr, wie er den preußischen Paragraphen 143 noch rechtfertigen, geschweige denn, womit er seine Übernahme in das Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bunds begründen sollte. Ärzte wie Rudolf Virchow und Heinrich Adolf von Bardeleben sahen sich "nicht in der Lage, irgend welche Gründe dafür beizubringen", warum die Unzucht zwischen Männern bestraft werden sollte, während doch gleichzeitig "andere Arten der Unzucht, wie sie in widerwärtigster Weise zwischen Männern und Weibern, oder gegenseitig unter Weibern bekanntermassen zur Ausführung kommen" unbestraft blieben.

Also kurz gesagt: es hätte doch einfach so sein können, dass sich das alles mit der Abwicklung der Religion erledigt. Warum ist dann aus dem christlichen Anti-Sodomie-Diskurs (STAGE I) das moderne Dispositiv der Homosexualität (STAGE II) geworden?

"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)

Re:Frage (Score:2)
Entscheidend ist wohl die Assoziation von Homosexualität mit "Babylon", das als biblische Metapher für die dekadente westliche Welt wahrgenommen wird:
"Sodom and Gomorrah inna Babylon/It's a big disgrace on the human race/Man a live wid man/Woman a live wid beast/God vex! God vex!"
King Sounds & The Israelites
Die Abgrenzung von Babylon ist durchaus als das ideologische Kernstück der Rastafari-Religion zu begreifen, weil die Sklaverei der Schwarzen mit der biblischen Geschichte von der babylonischen Gefangenschaft der Israeliten gleichgesetzt wird. Immer wieder ist davon die Rede, Babylon niederbrennen zu wollen. Und an wem könnte diese Absichtserklärung besser exemplifiziert werden als an den "Sodomiten", die in Europa bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden, um so an die Feuer von Sodom zu erinnern. Faggot, die engl. Bezeichnung für "Schwuchtel", leitet sich ab von dem "Reisigbündel", mit dem diese Flammen entfacht wurden. So fügt sich dann irgendwie ein ganzes Metaphernsystem "logisch" zusammen und führt zu Liedzeilen wie:
"Blaze di fire mek we bun dem!!!"
T.O.K., Chi Chi Man

"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)

Re:Frage (Score:0)
Das hätte ich den lieben verträumten rastafari-gesellen gar nicht zugetraut. jetzt weiss ich endlich warum ich diese subkultur nicht nur blöde finde, sondern hab handfeste gründe für meine verachtung.
wenn die ganze sache nicht so eklig wäre, wäre es irgendwie ganz lustig mit dem chi chi men.
dein namenskürzel hat damit ja wahrscheinlich nichts zu tun. wie sieht es denn mit der zeitschrift gigi aus?
ist in der anglo-amerikanischen schwulenszene dieses fag oder faggot eigentlich auch so angeeignet worden, wie schwuchtel hier irgendwie salonfähiger wird/geworden ist?
Re:Frage (Score:2)
Naja, angeeignet... Natürlich wird "faggot" bzw. "Schwuchtel" unter bestimmten Umständen verwendet, um einen dramatischen Effekt zu erzielen. Aber von einer wirklichen Aneignung kann in beiden Fällen keine Rede sein. Es gibt weder eine literarische, noch eine musikalische, noch sonst irgendeine Bewegung, die sich diese Begriffe in systematischer Weise zu eigen gemacht hätte. Anders natürlich beim Wort "queer" – was im Englischen ebenfalls ein ziemlich krasses Schimpfwort ist, nicht viel besser als "faggot", aber eine etwas weniger perfide Etymologie hat. "Queer" ist das englische Wort für "Blüte" (im Sinne von Falschgeld). Queers sind so gesehen "falsche Fuffziger".

Zum Begriff "schwul" hat jemand vor ein paar Wochen auf Wikipedia folgende, ganz interessante These aufgestellt:

"Die Definition schwul scheint mir nicht stimmig zu sein. In Grimms Wörterbuch findet man 'swelen' als 'glimmen' - und ich habe die Vermutung, dieser Begriff hat sich in der Zeit eingebürgert, als Homosexuelle kurzerhand auf den Scheiterhaufen verbrannt wurden, habe hierzu allerdings keine Belege."
Das hört sich sehr plausibel an, abgesehen natürlich vom ahistorischen Gebrauch des Begriffs "Homosexuelle". Die Leute, die in Deutschland wegen Sodomie auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden, hat man durchweg "Ketzer" genannt – abgeleitet vom Namen der Katharer-Sekte. Bei Ketzerei im Sinne religiöser Häresie wurde der Zusatz "ketzerey umb glauben" verwendet.

"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)

Re:Frage (Score:3, Informative)
PS: Die herkömmliche Ableitung von "schwul" ist "schwül" und dürfte auf den Begriff "warmer Bruder" verweisen, der Ende des 18. Jahrhunderts in Preußen aufgekommen ist. "Warmer Bruder" geht vermutlich auf den Begriff des "geschworenen Bruders" zurück, der im 17. Jahrhundert langsam von der historischen Bildfläche verschwand.

Grund für das Verschwinden der "geschworenen Bruderschaften" (fraternitates iuratae) war, wie ich annehme, dass die Kirche in der Dortrechter Synode von 1614 den Gebrauch des "Friedenskusses" (osculum pacis) innerhalb einer privaten Messe "zum Zweck des Schließens einer Freundschaft" (amicitiae ineundae ex causa) verbot und gleichzeitig die Formpflicht für die Ehe (d.h. Trauung in der Kirche vor einem Priester) durchsetzte. Damit hatte die "geschworene Bruderschaft" ihre religiöse Anbindung an die Gemeinde verloren und wurde zur Privatsache, während die Ehe von ihrer Symbolik her wahnsinnig aufgewertet wurde.

OK, das war's aber jetzt mit meinen abseitigen kirchenhistorischen Interessen. ;-)

"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)