Kritik des Islamismus

bearbeitet von clandestino am 31.10.2004 11:14 Uhr
Bad Religion Pippi Langstrumpf schreibt: "Islamismus- Kulturphänomen oder Krisenlösung?" Die Äußerungen zum Thema Islamismus lehnen sich meist an eine der beiden folgenden Argumentationen an: Von den einen wird behauptet, dass sich der Islamismus irgendwie aus einer islamischen Kultur herleite. Was den Islamismus auszeichne, sei sein vormoderner, religiöser Charakter. Als Antwort auf diesen kulturalistischen versteht sich ein materialistischer Ansatz. Doch allzu oft beschränkt sich der Materialismus in einer Reduktion der islamistischen Akteure auf pawlowsche Hunde, deren Handlungen sich direkt aus den Taten Israels und der USA ableiten lassen. Der anti-hegemoniale Anspruch adelt die Islamisten als Widerstandsbewegung gegen die Herrschenden.
Die Ankündigung der Diskussionsveranstaltung anlässlich des Al-Quds Tages lässt dagegen hoffen, dass sich hier um eine angemessene linke Kritik und Analyse des Islamismus bemüht wird.

Kritik & Praxis [KP] lädt zur Podiumsdiskussion
Es referieren Sabah Alnasseri und Jochen Müller
Humboldt Uni Berlin, Hauptgebäude
Donnerstag, 4.Nov, 19 Uhr

Den Einladungstext gibt es hier

Queen soll sich bei Deutschland entschuldigen??? | Hizbollah-Fans demonstrieren am 13.11. in Berlin  >

  

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Das Kleingedruckte: Die folgenden Kommentare bekunden die Meinung derer, die sie gepostet haben. (Punkt)
Und weil's wiederholt zu Verwirrungen kam: Pippi Langstrumpf ist ein anonymer Account unter dem jedeR posten kann.
krümelkacker (Score:3, Interesting)
von derBorst am 31.10.2004 12:55 Uhr (#4655)
User #61 Info | http://x-berg.de/[(borst1ATx-berg.de)] | Last Journal: 04.04.2005 15:14 Uhr
Also ich bin mal kurz der Krümelkacker:

"Der anti-hegemoniale Anspruch adelt die Islamisten als Widerstandsbewegung gegen die Herrschenden."

Also es stimmt zwar, dass solche Antiimps den Kampf gg. die USA als anti-hegemonial einstufen mögen, weil sie - was ja nicht verkehrt ist - die USA als die Weltmacht No.1 einstufen; letztendlich ist der Kampf aber auch wieder ein Kampf um die Hegemonie im Nahen Osten. Der Kampf gg. die Hegemonie der USA ist also das Mittel zum Erreichen des eigenen Zwecks, die hegemoniale Herrschaft in den jeweiligen Gebieten zu erlangen. Und das begreifen wohl auch Antiimps würde ich sagen. Warum sie damit kein Problem haben, ist eine andere Frage.

Clemenza: Leave the gun. Take the cannolli.

Andisko (Score:2)
von derBorst am 31.10.2004 14:28 Uhr (#4657)
User #61 Info | http://x-berg.de/[(borst1ATx-berg.de)] | Last Journal: 04.04.2005 15:14 Uhr
Ein wenig wurde das ganze schon hier [x-berg.de] andiskutiert. Aber es ging dort eher um Anti-KP Gedisse, als um den Gegenstand Islamismus. Ein ganzes Wochenende zu dem Thema [junge-linke.de] ist übrigens auch ganz nett... :)

Clemenza: Leave the gun. Take the cannolli.

Hier [x-berg.de]

Jeder ist so viel wert wie er verdient, jeder verdient so viel er wert ist.

(Horkheimer/Adorno)

memri (Score:0)
von Pippi Langstrumpf am 01.11.2004 15:07 Uhr (#4670)
Die Einladung des Memri Sprechers weist schon darauf hin, was man von der veranstaltung erwarten darf.
Die Gründer von Memri stammen aus neokonservativen bis rechtsextremen Kreisen in´den USA und Israel. Teilweise sind sie sogar den Geheimdiensten dieser beiden Länder zuzurechnen.
Dies im Hinterkopf verwundert die tendenziöse Politik dieser Propagandatruppe niemanden mehr. Mit tendenzösen Übersetzungen bedienen sie die Propapaganda der ÚS- außenpolitik und ihrer Apologeten.
Ein Beispiel ist die kritiklose Übernahme von Greuelstorys im Vorfeld des Irakkrieges, die den Kriegstreibern gerade recht kamen. Daß Memri in diesem Falle unkommentiert vom CIA geförderte irakische Oppositionelle als Quelle anführte spricht für sich.
Selbst wenn man den Memri – Machern ehrliche Absichten unterstellt.Welche fundierte Aussage könnte denn über Gesellschaft und Politik in Deutschland getroffen werden könnte, wählte man zum Beispiel eine Sendung der "Jungle Show", einen Artikel der Zeitschrift "Konkret", sowie die Memoiren von Dieter Bohlen aus, um so das wissenshungrige Publikum in aller Welt endlich einmal aus authentischen Quellen zu informieren. Erkenntniswert: Viele nackte Titten im Fernsehen, einige Deutsche haben Kritik an ihrem System und es gibt Leute, die sind unheimlich dumm und haben unheimlich viel Geld.
Re:memri (Score:0)
Geheimdienst, Geld, nackte Titten und Propaganda made in Langley. Das ist also der Stoff aus dem die Träume sind. Aber auf welche kritiklos übernommen Greuelstories wird denn hier angespielt? Und wer ist der von der CIA geförderte irakische Oppositionelle? Etwa Gigi?
Fragt Le Crobag
Re:memri (Score:2)
Und wer ist der von der CIA geförderte irakische Oppositionelle? Etwa Gigi?

???

Ich kann ehrlich gesagt auch nicht verstehen, warum die KP glaubt, ausgerechnet mit einem MEMRI-Mitglied eine materialistische und nicht-kulturalistische Analyse des Islamismus hinzubekommen. MEMRI Deutschland war immer an vorderster Stelle dabei, wenn es in der Linken darum ging:

    a) für den Irak-Krieg zu werben (siehe den Jungle-World-Kongress "9/11") und
    b) dumpfen kulturalistischen Rassismus zu schüren (siehe diese Veranstaltung [www.lsvd.de] hier).
Auch die Person Jochen Müller ist da keine Ausnahme (vgl. seinen Kommentar zu diesem Journaleintrag [x-berg.de]).

Gerade wenn die KP in der ideologischen Frontstellung "Islam vs. westliche Welt" eine Analogie zum Kalten Krieg sieht, muss sie doch erkennen, dass MEMRI eine der Organisationen ist, die explizit dazu geschaffen wurden, diesen "Kalten Krieg" voranzutreiben.

Was MEMRI Deutschland angeht, so fühle ich mich sowohl inhaltlich als auch im Hinblick auf die Karriereorientierung seiner Mitglieder unmittelbar an die von Uwer und Osten-Sacken gegründete "Entwicklungshilfe"-Organisation Wadi e.V. erinnert, einem Verein, bei dessen verlogenem Treiben mir regelmäßig das Essen wieder hochkommt.

Von daher glaube ich nicht, dass die KP mit dem Ergebnis dieses Abends zufrieden sein wird. Aber dass sie die falschen Leute für ihre Thesen eingeladen hat, ist der KP bzw. ihrer Vorgängerorganisation ja schon öfter passiert. Trotzdem find ich's wunderbar, dass sie dieses Papier verfasst hat, das ich ansonsten voll und ganz unterschreiben kann.

"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)

Re:memri (Score:0)
Ich bin weiterhin ratlos... Im wesentlichen richten sich die hier vorgebrachten Argumente gegen vermeintliche Verbindungen von MEMRI zu CIA, NeoCons etc.. Als "Beleg" werden "Greuelgeschichten" im Vorfeld des Irakkrieges angeführt und die Dienstbarmachung angeblich von der CIA finanzierter irakischer Oppositioneller. Gestützt wird dies mit dem Verweis auf die "Karriereorientierung" von Uwer und Osten-Sacken und dem Verein WADI sowie dessen "verlogenem Treiben". Alles zusammen ergibt dann einen Kalten Krieg gegen den Islam. Bitte, erklärts mir: Was haben Uwer/Osten-Sacken mit MEMRI zu tun? Welche Karriere haben sie gemacht? Wer sind die von der CIA finanzierten Oppositionellen? Und was für Greuelgeschichten wurden da verbreitet? Was hat das alles mit der Veranstaltung zu tun? Ich finde, das riecht ein bisschen sehr nach Anklageschrift im Schauprozess.
Re:memri (Score:2)
Gigi hat doch deutlich gemacht, dass sie da einen Widerspruch sieht. Einerseits der durchaus zustimmenswürdige Einladungstext und andererseits die Referenten, die scheinbar gar nicht so der Garanten für die Thesen im Einladungstext sind. Man muss den Vergleich mit WADI e.V. und den Bombenthomassen nicht bringen, das sei zugestanden, denn er fügt dem Ganzen nichts hinzu.

Clemenza: Leave the gun. Take the cannolli.

ps (Score:2)
das muss "die garanten" heißen...

Clemenza: Leave the gun. Take the cannolli.

Re:memri (Score:2)
Entschuldige, aber du vermischt hier zwei Positionen zu einer. Absurde Verschwörungstheorien à la "Finanzierung durch die CIA" habe ich mir in keiner Weise zu eigen gemacht. Allerdings ist es unsinnig, bestreiten zu wollen, dass das amerikanische MEMRI einen neokonservativen Hintergrund hat. Freilich trifft das auf den deutschen Tochterverein nicht in gleicher Weise zu. Hier tummeln sich vor allem Leute aus dem linken Spektrum, die sich durch diese unter dem Deckmantel der wissenschaftlichen Neutralität agierende Polit-Organisation nicht nur beruflich versorgt wissen, sondern auch keine Berührungsängste haben, was neokonservatives Gedankengut angeht. Über die ganzen Verquickungen von MEMRI ist so unglaublich viel Material gesammelt und journalistische Tinte vergossen worden, dass man auf krude Verschwörungstheorien nicht angewiesen ist. Es ist einfach eine Organisation, die einen Kalten Krieg gegen die islamische Welt betreibt. Das heißt aber nicht, dass man auf ihre Übersetzungs-Arbeit nicht zurückgreifen könnte, z.B. was den weit verbreiteten Antisemitismus in der arabischen Welt angeht.

Allerdings muss ich mein vorhergehendes Posting, das ich wohl in einem übermüdeten Zustand verfasst habe, korrigieren: Der Link auf die Veranstaltung, die ich als Beispiel für den (angeblichen) Rassismus von MEMRI angeführt habe, führt auf eine Veranstaltung von Wadi e.V. Das liegt vielleicht daran, dass ich beide Organisationen gedanklich zu sehr vermischt habe. Ich nehme in Anbetracht dessen meinen Rassismusvorwurf zurück. Daran, dass MEMRI ein Verein von Kriegstreibern ist, halte ich jedoch unverändert fest.

Wie gesagt: MEMRI ist durchaus nicht wertlos, was seine Übersetzungen angeht, aber dass man einen Kalten Krieger auf ein linksradikales Podium setzt, auf dem eben dieser "Kalte Krieg" Gegenstand der Kritik sein soll, halte ich dennoch für grotesk. Aber vielleicht täusche ich mich ja, und Jochen Müller hat tatsächlich etwas zu diesem Thema zu sagen. Man wird's sehen...

"Manche meinen rinks und lechts kann man nicht velwechsern. Werch ein Illtum!" (Ernst Jandl)

Re:memri (Score:0)
Oh, nur ein kleines Beispiel:
MEMRI hat z.B. dafür gesorgt, dass bekannt wurde, dass in palästinensischen und/oder arabischen Schulbüchern Israel nicht verzeichnet ist. Hier wird in einem Rundumschlag kurzerhand auf Antisemitismus geschlossen (was teilweise abhängig von den Herrschern/Hintergründen etc. sicherlich auch stimmen mag und nicht verleugnet werden kann, man vergesse aber nicht stumpfen Nationalismus, der nicht zwingend antisemitisch sein muss). Gleichzeitig verschweigt eine solche Organisation jedoch, dass man ebenfalls in israelischen Schulbüchern keine besetzten Gebiete bzw. die autonomen Gebiete erkennen kann, sondern nur Israel und angrenzend Jordanien, Ägypten, Libanon, Syrien. Dass dann von sog. Linken immer wieder auf die guten seiten einer solchen Organisation gedeutet wird ( weit verbreiteten Antisemitismus in der arabischen Welt) finde ich doch etwas beunruhigend. Im ersten Satz zeigen sie auf, welches Schöpfers Kind MEMRI ist und im zweiten Moment vergessen sie es wieder. Nein, es geht hier nicht darum den weltweiten oder in jenem Fall arabischen Antisemitismus herunter zu spielen oder zu verharmlosen. Dass dieser tendenziell extremen Anstieg in den letzten Jahrzehnten erfahren hat ist mir schon bewußt. Dennoch ist eine solche Organisation als Quelle mit Vorsicht zu betrachten, da sie ihre Texte ja nach ihrer pol. Ausrichtung auswählt und selektiert. Man kann sie studieren, so wie man eine jede bürgerliche Zeitung studiet und dann seine eigenen Schlüsse daraus ziehen. Die Texte/Auswahlen zum arabischen Antisemitismus aber kritiklos zu übernehmen sehe ich als falsch an.

Vaterland? Vaterland - was und wo? (Josef Hora)

Warum das Berliner Memri nicht in Frieden leben kann

Zu Memri habe ich diesen Beitrag gefunden, der vielleichtn etwas Licht in die Frage CIA usw. bringt. Da es sonst nur wenig darüber gibt, erlaube ich mir mal ihn zu posten.

Von Knut Mellenthin
Seit April 2002 gibt es in Berlin eine Zweigstelle des in Washington beheimateten Middle East Media Research Institute, abgekürzt Memri. Seither sorgen Mirjam Gläser und Goetz Nordbruch in unermüdlichem Einsatz für Aufklärung über den arabischen Antisemitismus und islamischen Faschismus.

Nicht verstehen können Gläser und Nordbruch, wie sie in vielen Interviews beteuern, das starke Misstrauen, auf das ihre Arbeit in arabischen und moslemischen Kreisen, aber keineswegs nur bei denen, stößt. Den Vorwurf, Memri sei "eine rechte Siedlerorganisation" - ein Ausdruck aus der israelischen Innenpolitik, den in Deutschland vermutlich niemand in diesem Zusammenhang benutzen würde - halten die beiden Aktivisten für völlig aus der Luft gegriffen. Man werfe Memri auch vor, klagen Gläser und Nordbruch, dass es von einem Israeli gegründet wurde. Und das sei doch wirklich gemein und zeuge von starker Voreingenommenheit, um nicht zu sagen Antisemitismus. Nicht einmal die Behauptung, "pro-israelisch" zu sein, wollen die beiden Unschuldslämmchen gelten lassen.

Der Israeli, der das Memri im Jahr 1998 gegründet hat und heute sein Präsident ist, heißt Jigal Carmon. Er hat mehr als 20 Jahre lang für den militärischen Geheimdienst Israels, Aman (Agaf ha-Modi'in) gearbeitet, zuletzt als hochrangiger Offizier. Er wurde dann Terrorismus-Berater des ultrarechten israelischen Ministerpräsidenten Jitzhak Schamir, der 1986-92 regierte, und anschließend zunächst auch von dessen sozialdemokratischem Nachfolger Jitzhak Rabin, der 1995 ermordet wurde.

Als erklärter Gegner des Oslo-Friedensprozesses mit den Palästinensern, den er als "historische Katastrophe" bezeichnete, wandte sich Jigal Carmon jedoch bald öffentlich gegen die Politik Rabins. Er ließ sich in Washington nieder und bildete dort mit Jossi Ben-Aharon und Joram Ettinger die sogenannte "Dreierbande" oder, wie Rabin sie nannte, "die drei Musketiere". Gemeinsam betrieben sie unter Senatoren und Abgeordneten des US-Kongresses eine recht erfolgreiche Lobby-Arbeit gegen den Oslo-Friedensprozess und die Friedensverhandlungen Rabins mit Syrien. Ben-Aharon war zuvor Büroleiter von Schamir gewesen. Ettinger war in der Israelischen Botschaft in Washington Abteilungsleiter für "Kongress-Angelegenheiten".

Mehrere Artikel, die Carmon damals zur Bekämpfung des Oslo-Friedensprozesses publiziert hat, sind immer noch im Internet zu finden.

Bevor Carmon 1998 das Memri gründete, plante er gemeinsam mit einer Gruppe amerikanischer "Terrorismus-Experten" aus dem Hardliner-Lager die Bildung eines einschlägigen rechten Think Tanks. Seine Partner waren der anti-islamische Enthüllungsjournalist Steve Emerson, der nach 27 Jahren in den Ruhestand gegangene ehemalige FBI-Abteilungschef für Terrorismus-Bekämpfung, Steve Pomerantz, und Oliver Revell, ein weiterer ehemaliger hoher FBI-Funktionär.

Carmon hatte bei der Gründung des Memri eine ebenfalls aus Israel stammende Partnerin, Meyrav Wurmser, gleichfalls eine erklärte und vehemente Gegnerin des Oslo-Friedensprozesses. Sie war erste Chefin des Memri, zog sich allerdings schon 1999 zurück und wurde Leiterin der Nahost-Abteilung des Hudson Institute, eines neokonservativen Think Tank. Sie ist die Ehefrau von David Wurmser, einem hohen Beamten im US-Außenministerium und Mitglied der Führungsgremien mehrerer Organisationen des neokonservativen Netzwerks. Beide Wurmsers gehörten der von Richard Perle geleiteten Arbeitsgruppe an, die 1996 eine Strategie-Studie erstellte, die zur Grundlage der Außenpolitik des ultrarechten israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wurde.

Noch in ihrer Zeit als Memri-Chefin veröffentlichte Meyrav Wurmser einen hochinteressanten Artikel "Can Israel Survive Post-Zionism?". Der Text ist im Internet zu finden unter

www.allenpress.com/mieq/issues/vol06/ftr-0601.html . Nach Ansicht der Autorin befindet sich Israel in einer Identitäts- und Wertekrise, die durch den Post-Zionismus verursacht ist. Darunter versteht Mrs. Wurmser Historiker, die die offizielle Geschichtsschreibung des Staates Israel punktuell anzweifeln, sämtliche auf friedlichen Ausgleich mit den Palästinensern orientierte Gruppen, einschließlich der gesamten sozialdemokratischen Arbeitspartei, aber auch Soziologen, die die untergeordnete Stellung der orientalischen Juden (Sephardim) gegenüber den aus Europa stammenden (Aschkenasim) kritisieren. Mrs. Wurmser meint, dass der Post-Zionismus bereits zur herrschenden Strömung in Israel geworden sei. Selbst dem Likud wirft sie vor, die zionistische Vision aufgegeben zu haben, wie sich an seiner Akzeptanz des Oslo-Friedensprozesses und seiner Bereitschaft zum territorialen Rückzug zeige. Wohlgemerkt, der Artikel erschien schon 1999. Vielleicht urteilt Meyrav Wurmser über die Politik Scharons heute etwas milder.

Aus dem personellen Kontext ergibt sich: Das Memri ist ganz eindeutig nicht nur erklärtermaßen pro-israelisch (wogegen an sich wenig einzuwenden wäre, wenn es nicht von Gläser und Nordbruch treuherzig-trotzig bestritten würde), sondern es orientiert sich an der Politik des Likud, und zwar noch am ehesten an dessen rechtem Flügel um Netanjahu. Das Memri bekämpft einen friedlichen Ausgleich mit den Palästinensern. Und es ist eng verflochten mit dem neokonservativen Netzwerk, das die Strategie eines "Vierten Weltkriegs" gegen den "militanten Islam" propagiert.

Gerade erst vor etwas mehr als vier Jahren gegründet besitzt das Memri heute schon Zweigstellen in London, Jerusalem, Berlin und Moskau. Es beschäftigt nach eigenen Angaben (Jigal Carmon am 21. August 2002) über 30 Angestellte. Darüber hinaus vermutlich zahlreiche freie Mitarbeiter, vor allem als Übersetzer. "Da ist immer Misstrauen...Die erste Frage ist, wer das finanziert, welche politischen Interessen stehen dahinter", klagte Goetz Nordbruch wehleidig in einem Interview im Oktober 2002. Ja, die Welt ist gemein, und es kann der Frömmste nicht in Frieden leben.
Sehr interessant. Letztendlich kann man aber trotzdem dem Zuhörer überlassen, ob er den Standpunkt des Referenten teilt oder nicht. Über Fakten lässt sich nicht streiten. Wenn der MEMRI-Referent nun bellizistische Scheiße erzählt, dann kann man ja widersprechen.

Aber irgendwie frage ich mich jetzt zumindest, warum Leute, die so eine Veranstaltung nicht lieber Linke, möglicherweise von dem Staatsterror arabischer Nationen Betroffene einladen?!

Clemenza: Leave the gun. Take the cannolli.

Also, wo wir schon bei CIA-Finanzierungen etc. waren, da konnte der Knut Mellenthin ja nicht weit sein. Ich erinnere mich noch an K.M.s Enthüllungen in der Oktober oder November Konkret 2001, wo er anhand einer verteufelt trickreichen Analyse der Videoaufzeichnungen von Osama Bin Laden nachwies, dass das Videoband von der CIA gefälscht sei und ergo mehr als zweifelhaft sei, dass Bin Laden hinter den Anschlägen vom 11.9. stecke. Lange davor hatte sich K.M. unter genau diesem Kürzel im AK für die Sache der Gollwitzer eingesetzt und Verständnis dafür gezeigt, dass die Bewohner des Dorfes im Brandenburgischen keine Juden haben wollten. In jüngster Zeit hat K.M. in junge welt aufgedeckt, dass die Entführungen von Ausländern im Irak (insbesondere die der beiden Italienerinnen) wahrscheinlich von der irakischen Übergangsregierung selbst unternommen würden (cui bono). Nun hat er also auch im Falle von MEMRI die Hintergründe beleuchtet. Und deshalb kann "MEMRI nicht in Frieden leben"...? Klingt wie eine Kriegserklärung.
easlam (Score:0)
von Pippi Langstrumpf am 02.11.2004 17:20 Uhr (#4697)
"Auf der Veranstaltung möchten wir über Einschätzungen des Islamismus diskutieren, die dessen politische wie ökonomische Entstehungsbedingungen berücksichtigen, ohne rassistischer Stigmatisierung oder autoritärer Sicherheitspolitik das Wort zu reden."
Jetzt frag ich mich, warum dieser AntifaVerein so etwas betonen muss, glaubt jemand, dass ihr Rassisten seid, bzw. warum? Und warum will man die Entstehungsgeschichte berücksichtigen - oder: inwiefern? Ist mir nicht klar.
"Als politisches Projekt mit ideologischen Formen kollektiven Bewusstseins kann der Islamismus nicht unabhängig von strukturellen Einflüssen betrachtet werden. Ihn als politische und nicht als religiöse Bewegung zu begreifen heißt, sich mit dessen reaktionären Antworten auf die Krise der kapitalistischen Moderne zu befassen und diese zu kritisieren."
Was soll denn mit dem "nicht unabhängig" gemeint sein? Bloß die Tatsache, dass auch der Islam als Ausgangspunkt die Wirklichkeit hat? Was soll die Unterscheidung politisch statt religiös? Ist nicht jede Religion politisch und kommt es nicht auf das "wie" an?
Re:easlam (Score:2)
Na zur Frage des Rassismus: Ich weiß nicht, ob Du da die Debatten in der antifaschistischen Linken verfolgt hast. Einige von denen (sog. Antideutsche) haben - ähnlich wie so manche bürgerlichen Sicherheitspolitiker - in der islamisch-arabischen Welt das fundamental böse (Nationalsozialismus) entdeckt und es als Eigenart der Religion ausgemacht. Von da an war der Weg nicht mehr weit: Alle Araber=Moslems=Nazis was den Zuschreibungen bürgerlicher Sicherheitspolitiker teilweise ähnelt, die dann eher auf Begriffe wie "Terroristen" oder "moslemische Fanatiker" abfahren. Dabei werden die Begründungen für diesen "Fanatismus" oder "Wahn" durchaus gepaart mit rassistischen Zuschreibungen. Und davon wollen sich die Veranstalter wohl distanzieren. Sie wollen sich scheinbar eher die Zwecke der politischen Islamisten anschauen im Rahmen der gesellschaftlichen Umbrüche im Nahen Osten. So hab' ich das verstanden.

Clemenza: Leave the gun. Take the cannolli.

Re:Bravo (Score:2)
Hä? Bitte spezifizieren. Achso, weil ich die als Linke bezeichne oder wie? Okay, dann eben nur "Antifas" (was sie ja nun wirklich sind...)

Clemenza: Leave the gun. Take the cannolli.

Re:Bravo (Score:0)
Okay, dann eben nur "Antifas" (was sie ja nun wirklich sind...)

schon mal was von Sören Pünjer gelesen (-;
Re:Bravo (Score:2)
Der ist doch auch aus der Ecke, oder nicht? Zumindest war er mal.

Clemenza: Leave the gun. Take the cannolli.

Sören Pünjer (Score:0)
Sowas kennst Du von ihm doch bestimmt:

"Die traditionellen Nazis sind längst von links Getriebene, deren Halbwertzeit sich immer mehr verkürzt. Deshalb werden übliche Anti-Nazi-Demos immer lächerlicher und überflüssiger. Seien wir doch ehrlich, Rassismus, der wirklich noch Rassismus genannt werden kann, also nicht die Verrücktheiten der Antira-Szene, die jede staatliche Regulierung von Zuwanderung als Rassismus geißelt, oder jeden, der das Wort Neger in den Mund nimmt, standrechtlich zusammenschlagen will, hat doch nicht wirklich eine Zukunft. Die Zukunft gehört der Ideologie des Antirassismus als menschenverachtendem globalem Massenbewußtsein, also als Fusion aus Multikulturalismus und Ethnopluralismus ... Wer das nicht sehen will, ist taub, blind und Teil des Problems."

sowas wahrscheinlich auch:

"Die Behauptung, die Deutschen seien fremdenfeindlich, ist eine Lüge. Denn Fremdenfeindlichkeit ist ein Beleg für eine aufgeklärte kapitalistische Gesellschaft. In Deutschland dagegen ist man von jeher fremdenfreundlich. Und Fremdenfreundlichkeit ist das Herzstück der antirassistischen Ideologie. Insofern kann man sagen: Das deutsche Problem besteht darin, dass Deutsche traditionell eher antirassistisch sind, weil sie nämlich weniger gegen andere Rassen und Kulturen sind, sondern vielmehr für diese."
Re:Sören Pünjer (Score:2)
Ich weiß. Aber das ist ja auch erst nach seiner Zeit in ... erschienen, wo er als aufrechter Antifaschist (Ironie!) auf der Matte stand.

Clemenza: Leave the gun. Take the cannolli.

Weitere Brisanz (Score:1, Informative)
von Pippi Langstrumpf am 03.11.2004 10:23 Uhr (#4708)
dürfte die Veranstaltung durch den Mord an dem niederländischen Filmemacher Van Gogh gewinnen ( http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,32617 7,00.html)
Tja, und die Reaktion holländischen Antideutschen sagt auch einiges aus:(http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518, 326926,00.html)

Vaterland? Vaterland - was und wo? (Josef Hora)

Re:Weitere Brisanz (Score:0)
tja, ebenfalls aufschlussreich die Reaktion deutscher nationalrevolutionäre, die mal wieder nur unfug beizusteuern wissen. Was will man aber auch von leuten erwarten, die sich selbst derart bescheuerte alliterationsnamen anhängen.
Obwohl eigentlich ist das pseudonym recht gut überlegt. Ronny ist cool, kommt schließlich aus der zone und da brauchen wir schließlich eine breitere basis im Volk. Rotarmist stiftet historische Kontinuität spannt genial einen bogen zwischen stalin und trotzki, erinnert an die heldenreichen taten der sowietarmee nach 41 udgl. mehr. Das Ganze, also ronny rotarmist spricht gerade den einfachen menschen und durchschnittlichen x-berg-user von ganz unten sehr an, erinnert es doch stark an ronja räubertochter und andere putzige gestalten aus unserer kindheit. wirkt daher nicht so verkopft und intellektuell abgehoben wie die anderen freaks hier (danny ocean? was soll das schon heissen?, Borst - sagt einem irgendwie auch nix). Nicht vergessen wollen wir, dass es sich irgendwie auch nach unserem Führer ronny.de anhört, der - wie rr hier - allerlei verstandesbegabten genossen das leben schwer gemacht hat.
Re:Weitere Brisanz (Score:3, Informative)
Borst kommt auch aus der Zone. Nämlich von Borstel. Das ist ein Igel aus dem "Sandmännchen". Und zwar von "Herr Fuchs und Frau Elster", Samstags einschalten.

Clemenza: Leave the gun. Take the cannolli.

Re:Weitere Brisanz (Score:0)
Grüß dich, borst. ich habe mal unter google - bilder nach diesem borstel geguckt und gräßliches gefunden, aber leider keine bilder von diesem Igel. gucks dir mal an.
Re:Weitere Brisanz (Score:2)
Hier [postage.dk] ist doch z.B. ein Bild, Du Suchtalent! Und ansonsten bedeutet Borstel auf niederländisch Bürste, falls es das ist was dich jetzt so "grässlich" erregt :-P

I love eastern philosophy. It's... it's metaphysical and redundant. Abortively pedantic. (W. Allen, Bananas)

Re:Weitere Brisanz (Score:2)
Genau, da ist der Borstel *verzückt*

Clemenza: Leave the gun. Take the cannolli.

Re:Weitere Brisanz (Score:0)
Danke.
mich erregte eher die art und weise der konkreten bürstenverwendung. ich bin aber mittlerweile darüber hinweg und meine, jeder soll machen was ihm/ihr gefällt...
Wie war's denn? (Score:1)
von Pippi Langstrumpf am 05.11.2004 22:03 Uhr (#4728)
Kann mal jemand was zu der Veranstaltung sagen?
Re:Wie war's denn? (Score:0)
Da bekomme ich nur wieder Minuspunkte. Darum halte ich dieses mal meinen Mund :-P

Vaterland? Vaterland - was und wo? (Josef Hora)

Re:Wie war's denn? (Score:2)
Ronny, Du schreibst ja nicht nur Käse. Wenn Du Deine Moral mal herauslassen würdest, käme vielleicht ein interessanter Bericht heraus. Beschränk Dich auf die Fakten und dann kriegste 5 Punkte. Versprochen.

Clemenza: Leave the gun. Take the cannolli.

Text (Score:2)
von Danny Ocean am 21.11.2004 23:43 Uhr (#5073)
User #170 Info | http://x-berg.de/ | Last Journal: 07.04.2005 3:03 Uhr
Im Frankfurter diskus [copyriot.com] erschien vor ca. zwei Jahren ein Text des Referenten Sabah Alnasseri (ist die kürzere Version eines PROKLA [prokla.de]-Beitrags vom Dezember 2001): Zur Krisensituation der arabischen Gesellschaften [copyriot.com]
[...]Seit den 70er Jahren befinden sich die arabischen Länder in einer tiefgreifenden strukturellen Krise. Sie erleben Umstrukturierungsprozesse, die nicht zuletzt mit der Krise des Fordismus in den metropolitanen Ländern und den dadurch bedingten Globalisierungsprozessen zusammenhängen. Ökonomisch äußert sich die Krise im Scheitern der jeweiligen, hauptsächlich staatszentrierten Entwicklungsstrategien und in den dadurch bedingten Liberalisierungs- und Strukturanpassungsprozessen. Ideologisch drückt sich die Krise nicht nur in der Verschiebung weg vom arabischen Nationalismus hin zum Islam-Diskurs aus, sondern vor allem im Kampf um die Definition der Krise selbst.

Das Auftreten von neuen politischen Akteuren in den arabischen Ländern ist unmittelbar mit der Problematik der Krise verknüpft. Die Kräfteverhältnisse in den arabischen Ländern befinden sich heute in einer entscheidenden Phase der Verschiebung, was zu neuen gesellschaftlichen Konfigurationen führt. Den wichtigsten Teil der hierin verwickelten Akteure stellen die islamitischen Gruppen dar.1

Aus der Perspektive der kapitalistischen Zentren geben Letztere ein neues Feindbild ab, das seit dem Fall der Mauer international als Ersatz für den Antikommunismus dient. Die islamitischen Gruppen werden zum einen in Verbindung mit der Immigration muslimischer Arbeitskräfte in den Industrieländern als kulturelle Bedrohung inszeniert und zum anderen zur Bedrohung von Stabilität und Sicherheit im ökonomisch und geostrategisch wichtigen Raum Arabien hochstilisiert. Die antidemokratisch-autoritären Praxen der herrschenden Regime in diesem Raum erfahren dadurch eine Legitimation ex negativo: nicht die jeweiligen Bevölkerungen entscheiden selbstbestimmt über die Rechtmäßigkeit und das politische Überleben dieser Regime, sondern ihre Funktion als nationale und regionale Gendarmerie beschert diesen Regimes eine politische Rente. Dadurch werden alle Akteure, gleich welcher Couleur, auf einen Haufen geworfen. Die Konsequenz liegt auf der Hand: Die gewaltsame Unterdrückung hält weiter an, und jede friedliche Austragung von Konflikten wird verunmöglicht.[...]

Hab grade die erste Seite gelesen... vielleicht später mehr zum Text.

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